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Judentum und Israel
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[English]

INTERVIEW MIT 
RABBINER DR. CHAIM Z. ROZWASKI

Wie kam es dazu, daß Sie das Judentum zum zentralen Bezugspunkt Ihres Lebens gemacht haben?

Das Judentum ist seit meiner Geburt ein Teil meines Lebens.
Als Kind kannte ich nur mein Zuhause, meine Familie und meine kleine Stadt,
die zu 80 – 90% jüdisch war. Mein Leben war und ist jüdisch. Es war nie eine Frage, ob ich außerhalb oder innerhalb dieser Gesellschaft existierte.
Als der Krieg ausbrach, war das etwas, was ich vom Hörensagen kannte, aber noch nicht verstehen konnte. Nur langsam realisierte ich, daß unsere Umgebung uns tötete, weil wir Juden waren.
Für mich existierte die Zerstörung des Judentums nicht in meinem Herzen und nicht in meinem Verstand. Und so war es für mich nach dem Krieg natürlich, daß ich mein Leben als Jude fortführte. Ich begann meine Ausbildung in einem „Displaced Persons Lager" in Deutschland und wurde dort in zionistischem und jüdischem Denken unterrichtet.
Dieser Ausbildungsprozeß hält bis heute an. Zusammenfassend kann ich sagen, daß Jüdisch-Sein meine ganze Existenz bedeutet.
Judentum ist ein integraler Teil meines Lebens wie die Luft zum Atmen.

Wie sind Sie selber aufgewachsen und welcher Richtung des Judentums ordnen Sie sich zu? Welche Bedeutung haben die anderen Richtungen des Judentums für Sie persönlich und das Judentum als Ganzes?

Ich wuchs ohne die verschiedenen Bewegungen im Judentum auf.
In meiner Heimatstadt gab es nur eine Jüdische Gemeinde.
Heutzutage würde ich diese Gemeinde als orthodoxe Gemeinde klassifizieren.
Es gab zwar verschiedene kulturelle und politische Gruppen, aber vom Blickpunkt der Religion war es eine strikt orthodoxe Jüdische Gemeinde und nichts anderes.

Ich bin ein orthodoxer Jude. Die modernen Bewegungen des Judentums sind ein Ergebnis der politischen, sozialen und demographischen Änderungen der letzten 200 Jahre.
Sie sind immer noch in der Entwicklung und es ist verfrüht sich darüber zu äußern, was sie verändern werden.
Ich denke, daß die verschiedenen Bewegungen des Judentums wie Äste eines Baumes sind. Sie gehören alle zum selben Stamm, wie wir auch.
Wir sind alle Teile dieses Baumes – das Judentum ist der Baum und das jüdische Volk mit seinen Strömungen sind die Zweige.

Welche Grundsätze sehen Sie als zentral für das Judentum an?

Für mich ist der wichtigste Aspekt des Judentums das Konzept der Einheit von G’tt, Thora und dem jüdischen Volk im allgemeinen Sinne. Diese Einheit bedeutet die religiöse Dimension des Judentums.

Die Torah repräsentiert unsere Verbindung zu G’tt, und zusätzlich ist sie die Quelle und der Zweck oder „raison d’etre" der jüdischen Existenz.

Das jüdische Volk ist der Träger und Ausdruck der Manifestation G’ttes und der Thora in der Welt.

Nicht ein einziger Teil dieser Einheit kann ohne den anderen überleben.
Weiter ist ein wichtiger Teil meines Glaubens die Prinzipien von „Darchej Schalom/Wege des Friedens".
Der grundlegende Segen den G’tt dem jüdischen Volk gab ist Frieden.
Der innere Frieden muß das wichtigste Prinzip in unserem Leben sein.
Speziell in unserem Jahrhundert nach der Shoah sollten wir uns darauf konzentrieren.
Ich denke, daß der Frieden zwischen uns wichtiger als ideologische Reinheit ist.
Harmonie zwischen uns ist wichtiger als der Erfolg von individuellen religiösen Bewegungen.
Die Einheit der Gemeinde ist wichtiger als die persönlichen Ziele von irgendwelchen individuellen Gruppen.
Der Weg, Frieden zu schaffen, ist der Weg von Menschlichkeit in persönlichem und öffentlichem Leben.
Frieden ist eine Tugend von der wir alle lernen und von der wir Nutzen haben können.

Was ist die Zentrale Herausforderung für das Judentum heute im Allgemeinen / in Berlin?

Heutzutage ist die größte Herausforderung für Juden und das Judentum „Jüdische Bildung".
Das Judentum kann am besten mit jüdischer Bildung überleben.
Die Herausforderung für die Jüdische Gemeinde zu Berlin ist es, für alle ihre Mitglieder ein jüdisches Bildungsprogramm aufzubauen.
Dieses Bildungsprogramm muß mit den Grundlagen beginnen und es muß alle Mitglieder der Gemeinde erreichen.
Die Grundlagen des Judentums sind unsere Rituale, Feiertage, Kaschrut und Geschichte, bevor wir mit ideologischen Disputen beginnen.

Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?

Jüdische Bildung kann am besten verankert werden, wenn alle jüdischen Treffpunkte der Stadt Bildungsprogramme anbieten.
Jede Synagoge sollte ein übergreifendes Bildungsprogramm für ihre Mitglieder mit ihren Familien aufstellen.
Dieses Programm sollte sich aus den Grundlagen des Judentums und des jüdischen Lebens zusammensetzen.
Weiter sollte es auch in russischer Sprache angeboten werden.
Ich versuche soweit wie möglich, die russischen Mitglieder der Berliner Gemeinde anzusprechen.

Was ist Ihnen wichtig, daß die LeserInnen dieses Interviews von Ihnen wissen?

Es ist sehr wichtig für mich, daß die Leser dieser Seiten wissen, daß sie mich für Ratschläge, Unterweisungen und Hilfe jederzeit ansprechen können, und daß ich für sie immer ein offenes Ohr habe.
Außerdem möchte ich, daß sie wissen, daß Judentum und jüdisches Leben die Essenz meines Lebens sind. Sie können mir jederzeit darüber Fragen stellen.
Sie sollten auch wissen, daß ich das Judentum und die jüdischen Menschen liebe.

Was ist die zentrale Botschaft, die Sie weitergeben wollen?

Die wichtigste Botschaft meines Lebens ist G’tt zu dienen.
Weiter, Judentum und die Thora zu lehren und der Liebe G’ttes, den jüdischen Menschen und dem Land Israel zu dienen.

Was ist der gegenwärtige Schwerpunkt Ihrer Arbeit?

Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist, den Bedürfnissen der jüdischen Menschen zu dienen und sie Judentum zu lehren.

Welche Unterstützung wünschen Sie sich?

Die beste Unterstützung, die ich von der Gemeinde erhalten kann ist, daß sie sich geeint auf die Förderung von jüdischer Bildung für Alt und Jung konzentriert. Achtet Mitzwot, liebt euch gegenseitig und seid umsichtig in eurer Hilfe zu Israel.

Was wünschen Sie sich für die jüdische Gemeinschaft?

Ich wünsche mir, daß sich die Jüdische Gemeinde mehr strukturiert, ordnet und zusammenhält.
Es sollte sich auf das jüdische Leben für alle unsere Kinder mit einer intensiveren jüdischen Bildung konzentriert werden.
Die Eltern sollten sich an dem Gottesdienst beteiligen und der Gottesdienst sollte in ihrem Leben eine Rolle spielen.
Ich wünsche mir, daß wir aufeinander und auf die Älteren acht geben.
Kurz, ich wünsche uns allen ein glückliches und harmonisches Leben.

Rabbiner Dr. Chaim Rozwaski ist der liberale Rabbiner der jüdischen Gemeinde zu Berlin

hagalil Juli 2001

 


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