Eine Gastro-Kritik:
Oren - das jüdische Restaurant neben der Neuen Synagoge
Der erste Eindruck an diesem Abend war positiv: ein heller,
luftiger Raum mit ansprechenden Bildern, dezenter Hintergrundmusik und großem
Angebot in der Kuchenvitrine
...
Sollte ich einen Platz links hinten am Fenster, wo
alles unbesetzt war, nehmen? Ich entschied mich für einen Tisch in Thekennähe
und war angenehm überrascht sofort die Karte zu bekommen und wenig später das
bestellte Getränk. Ich erinnerte mich an frühere Besuche, bei denen ich bereits
den Tagesspiegel ausgelesen hatte bevor die Cola kam und erheblich später
gekommene Gäste an den Nachbartischen bereits ihr Essen hatten bevor meine
Bestellung aufgenommen wurde.
Dieses Mal entschied ich mich für eine
Gemüselasagne und wartete. Der Platz in Thekennähe war keine optimale Wahl. Der
Tagesspiegel wurde etwas naß durch die Spülaktivitäten hinter der Theke. Ich
hatte die erste Zeitung einer längeren Lektüre unterzogen und wartete immer
noch. Ziemlich genau eine Stunde nach Aufgabe der Bestellung kam die
Gemüselasagne. Die Nudeln waren zerkocht und auch das Gemüse weit davon entfernt
bißfest zu sein. Ob die grüne Füllung mit roten Einsprengseln nun ursprünglich
Brokkoli oder Erbsen gewesen waren, war geschmacklich nicht mehr auszumachen.
Der dunklere Grünton ließ eher Brokkoli vermuten. Eindeutig identifizierbar
waren zumindest die Pilze. Sie hatten einen massiven Essignachgeschmack. Die
Sauce war Marke Fertigprodukt und unter anderen Umständen hätte der Käse das
Aroma der Lasagne erschlagen, wenn sie denn noch eines gehabt hätte.
Es
war nicht die erste in einer Reihe von mißlichen kulinarischen Erfahrungen, die
ich dem Restaurant Oren verdanke. Vor einigen Wochen - im November 2003 -
während der jüdischen Kulturtage betrieb das Oren das temporäre Café am
Veranstaltungsort „Villa Elisabeth". Abends kurz nach 18.00 Uhr gab es kein
Kuchenangebot mehr, und die Auswahl war auf drei Gerichte beschränkt, u.a.
marokkanische Zigarren (beim Thema „Jiddischland"!!!) und Borscht. Letzterer
wurde gerade mal lauwarm serviert und hatte auch zuviel Essig abbekommen. Bei
der Frage nach Brot hieß es: „Haben wir nicht".
Auch meine Erfahrung mit
Gruppen waren im Oren keine guten. Meldet man sich nicht an, dauert alles
unverhältnismäßig lange. Meldet man sich an, ist es auch nicht viel besser. Die
Anmeldung von einer Gruppe von zehn Leuten zur Mittagszeit wurde nur unter der
Bedingung angenommen, daß das Essen vorbestellt wird und alle das gleiche
Gericht nehmen. Obwohl die Gruppe pünktlich um 13.00 Uhr eintraf, kamen die
gefüllten Auberginen erst um 14.00 h auf den Tisch. Zur gleichen Zeit waren
außer uns zwei weitere Gäste im Lokal.
Zurück zum Hier und Heute: Als ich
auf entsprechende Nachfrage meinte, mir habe es überhaupt nicht geschmeckt,
wurde ich nicht etwa nach dem Grund meiner Beanstandung gefragt, sondern patzig
mit der Bemerkung abgefertigt: „So schlecht kann es nicht geschmeckt haben, denn
Sie haben die Hälfte gegessen".
Da ich beim Bezahlen der Rechnung nicht
willens war auf den nächsten halben oder gar ganzen Euro aufzurunden und die
Kellnerin kein entsprechendes Wechselgeld hatte, wurde das lautstark mit den
Kollegen hinter der Theke verhandelt, die auch nicht weiterhelfen konnten.
Das Restaurant Oren wird jewish-style oder kosher-style geführt. Die meisten
Gerichte sind vegetarisch. Das entspricht den Standards vieler liberaler Juden.
Es gibt einige Fischgerichte. Der Schwerpunkt liegt auf israelischen Gerichten,
es gibt auch einige Angebote aus der Tradition des osteuropäischen Judentums.
Es ist kein koscheres Restaurant, auch wenn der Spiegel das vor einiger Zeit in
einer Berlinbeilage behauptet hat.
Man möchte dem Oren wünschen, daß es
irgendwann wieder an die Standards, die es zu seinen Anfangszeiten vor über zehn
Jahren hatte, wieder anknüpfen kann
Restaurant Oren, Oranienburger Strasse 28,
täglich ab 12.00 Uhr geöffnet
Koschere Restaurants in Berlin
Juden und jüdisches Leben in Berlin
IW /
hagalil.com / 2004-01-01
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