Deutschland in den Jahren ab 1933,
ein ganz gewöhnlicher Tag an einer beliebigen Schule, es ist
"Rassenkundeunterricht". Plötzlich steht man als jüdischer Schüler oder
Schülerin vor der ganzen Klasse, bloßgestellt als Anschauungsbeispiel für die
"untere, niedere Rasse", die Mitschüler starren und lachen.
Wie muss sich das anfühlen? Wie
erträgt man die Diskriminierung? Erträgt man sie überhaupt oder flieht man in
ein anderes Land? Wie würde man es dort aushalten, als Kind ohne die Eltern?
Diesen und ähnlichen Fragen will das Projekt "Aus Kindern wurden Briefe. Rettung
jüdischer Kinder aus dem Nazideutschland - Recha Freier und Käte Rosenheim" in
Kooperation mit Schulen nachgehen.
Gefördert wird das Projekt durch das
Programm "entimon - Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus" des
Bundesfamilienministeriums. Initiator ist die Stiftung "Neue Synagoge Berlin -
Centrum Judaicum", die im Herbst eine Ausstellung zum Thema zeigen wird.
"Uns geht es darum, das Thema
Antisemitismus in einer für Kinder und Jugendliche ansprechenden Form in Schulen
zu tragen", erklärt Gudrun Maierhof, eine der Initiatorinnen des Projektes und
Kuratorin der Ausstellung. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung soll der Alltag
und die Bedrohung von Kindern einer Minderheit in totalitären Systemen stehen.
Maierhof möchte die Diskussion im Unterricht anregen. "Wichtig ist uns, eine
Unterrichtseinheit oder eine Veranstaltung gemeinsam mit Schülern und Lehrern zu
entwickeln." Ein Schwerpunkt soll auf der Begegnung der Jugendlichen mit
ZeitzeugInnen liegen. Bisher haben sechs Schulen Interesse signalisiert. "Über
weitere Schulen würden wir uns freuen", so Maierhof. Vor allem aus Brandenburg,
da dort das Problem Rechtsradikalismus besonders virulent sei. Angesprochen sind
alle Jahrgangsstufen an Realschulen und Gymnasien.
"Es wäre schön, wenn Klassen in die
Vorbereitung der Ausstellung einbezogen werden könnten", betont Maierhof. Die
Perspektive der Ausstellung richtet sich dabei weniger auf die Kinder, sondern
auf die Helfer, die die Transporte organisierten.
"Dieser Bereich ist noch kaum
erforscht", so Maierhof. Die Konzentration auf die Figuren Rosenheim und Freier
soll das Spannungsfeld zwischen Illegalität und Legalität spiegeln, in dem sich
die Rettungsaktionen bewegten: Käte Rosenheim, die im Rahmen der etablierten
Organisation "Reichsvertretung der deutschen Juden" auf legale Weise für
Kinderauswanderung arbeitete, und Recha Freier, die jüdische Jugendliche mit
Tricks nach Palästina ausschleuste.