21. Juli bis 25. Juli 2003:
9. christlich-jüdische Sommeruniversität in Berlin
Was ist der Mensch? Unter dieser Fragestellung findet zum 9.
Mal am Zentrum für christlich-jüdische Studien an der Humboldt-Universität zu
Berlin eine einwöchige Sommeruniversität statt...
Christliche und jüdische Dozenten und Dozentinnen aus Deutschland,
Großbritannien, Israel und den Vereinigten Staaten erschließen unterschiedliche
Aspekte des Rahmenthemas. Die jüdischen Lehrenden decken das ganze Spektrum von
orthodox bis reform ab. Jedes Seminar wird von Montag bis Freitag zweistündig
angeboten und zweimal abgehalten, damit eine größere Zahl von Studierenden in
überschaubaren Gruppen miteinander arbeiten kann. Manche Seminare werden in
englischer Sprache angeboten. Die meisten Dozenten lehren schon seit vielen
Jahren bei der alle zwei Jahre stattfindenden Sommeruni. Dieses Mal steht ein
Generationenwechsel an, denn es ist die letzte Sommeruniversität bevor ihr
Begründer Professor Dr. Peter von der Osten-Sacken emeritiert wird.
Seminare
Dr. Yehoyada Amir unterrichtet auf dem Jerusalemer Campus des HUC (Hebrew Union
College), einer Einrichtung der Reformbewegung, an der RabbinerInnen,
Kantorinnen ausgebildet werden und auch Studienprogramme für jüdische Erziehung,
Sozialarbeit und Gemeinwesenarbeit angeboten werden. Er bietet ein Seminar zu
„Mensch und Menschheit vor Gott - Perspektiven in Bibel, Midrasch und
Philosophie" an, das den Bogen von den jüdischen Denkern, mit denen die ersten
Seiten der Torah beginnen bis zum modernen jüdischen Denken spannen will.
Professor Rabbiner Dr. Lewis Barth ist Rektor des Hebrew Union College in Los
Angeles mit dem Schwerpunkt Talmud. Er thematisiert „Constructing our sense of
the Human: Biblical, Rabbinic and Reform Jewish Sources on Violence, Hatred and
Social Responsibility" und wird der Frage nachgehen, welche Auffassungen des
Bösen sich in biblischen, antiken und modernen jüdischen Quellen ausmachen, die
von Gewalt, von Hass und von sozialer Verantwortung handeln?Wie sind aus
jüdischer Perspektive zerstörerische Konzeptionen wie die eines „Heiligen
Krieges" zu beurteilen.
Professor Dr. Eveline Goodman-Thau aus Jerusalem definiert sich als „unorthodoxe
Orthodoxe". Sie hat eine Semicha von einem orthodoxen Rabbiner und hat ein Jahr
in Wien als Rabbinerin der liberalen jüdischen Gemeinde gearbeitet. Ihr Thema
ist dieses Jahr „zwischen Mensch und Mensch und zwischen Mensch und Gott -
Nächstenliebe und Gottesliebe aus den Quellen des Judentums". Anhand antiker,
mittelalterlicher und moderner Texte soll dem Wesen und der Aufgabe menschlicher
Existenz vor Gott, wie sie sich im Siegel des Doppelgebots der Gottes- und
Nächstenliebe zeigen, nachgespürt werden.
Professor Dr. Bertold Klappert aus Wuppertal ist evangelischer Theologe. Er wird
die Anthropologie Leo Baecks und Karl Barths erarbeiten, wobei Leo Baecks
Aufsatz „Mystik und Gebot" aus dem Jahr 1921/22) sowie seine Aufsätze
„Individuum ineffabile" und „der Sinn der Geschichte" aus den Jahren 1946 und
1947 herangezogen werden. Von Karl Barth dienen die Schriften „Humanität des
Menschen Jesus" und zur „Menschlichkeit Gottes" aus dem Jahr 1956 als
Textgrundlage.
Professor und Rabbiner Dr. Jonathan Magonet, Leiter des Leo-Baeck-College in
London arbeitet zur „Bestimmung und Wirklichkeit des Menschen in Bibel,
rabbinischer Literatur und jüdischer Liturgie", wobei Texte aus der Genesis, den
Psalmen und Kohelet (Prediger Salomio) und auch lehrhafte und liturgische Texte
der jüdischen Tradition die Textgrundlage bilden.
Professor Dr. Peter von der Osten-Sacken aus Berlin diskutiert „Schöpfung und
Neuschöpfung bei Paulus". Er will aufzeigen, wie besonders die lutherische
Tradition nachhaltig durch die Lehre des Apostels Paulus bestimmt ist und in
welchem Verhältnis die Lehre des Paulus seine Lehre vom Menschen zu anderen
Auffassungen seiner Zeit steht.
Rabbiner Dr. Sanford Ragins ist leitender Rabbiner (senior rabbi) an der
Leo-Baeck-Synagoge in Los Angeles. Seine Seminare sind immer besonders
anschaulich, da er viel von seiner Gemeindepraxis als Reformrabbiner einbringt.
„What is Man? The Answers of some Modern Jewish Thinkers" wird zeigen, wie im
jüdischen Denken der Gegenwart das Bild des Menschen bestimmt wird. Dabei werden
unterschiedliche Positionen diskutiert, wie die von Joseph Soloveitchik
(Orthodoxie), Yeshayahu Leibowitz (Orthodoxie / Zionismus), Mordechai Kaplan
(Rekonstruktionismus) und Eugene Borowitz (Reformjudentum).
Professor Michael Signer ist Reformrabbiner und unterrichtet an der katholischen
Notre Dame University in Indiana / USA. Sein Schwerpunkt sind mittelalterliche
Schriften. In seinem Seminar „What is Man? Images from Jewish Prayer and Poetry"
wird er Texte aus den Psalmen, aus Siddurim (Gebetbüchern) und der liturgischen
Poesie (Pijutim) der antiken und mittelalterlichen Rabbinen aber auch moderne
Texte, die nach der Schoah entstanden sind, zugrunde legen.
Das Seminar des evangelischen Theologieprofessors Dr. Martin Stöhr „Simul iustus
et peccator - Sünder und gerecht zugleich. Zur Bedeutung einer reformatorischen
Tradition für eine heutige christliche Anthropologie" wird die Reformatoren und
wie sie die Rechtfertigungslehre formuliert haben, in den Blick nehmen. Auch
kritische Stellungnahmen dazu wie die von Leo Baeck unter dem Titel „romantische
Religion" aus dem Jahr 1922 werden einbezogen.
Professor Dr. Michael Weinrich, evangelischer Theologe aus Berlin arbeitet zum
Thema „Nach dem Bilde Gottes schuf er ihn..." Jüdische und christliche
Annäherungen an die Gottebenbildlichkeit des Menschen. Dabei sollen auch die
vielfach problematischen Missverständnisse des Herrschaftsauftrags diskutiert
werden.
Professorin Dr. Edith Wyschogrod aus Houston / Texas wird im Rahmen der
Themenstellung „God and the Human in Contemporary Jewish Theology. Modern and
Postmodern Perspectives" Texte von Levinas über Gott und Ethik sowie von
Berkowits über den Holocaust lesen. Auch neue Ansätze aus der Semiotik sowie dem
feministischen Denken werden einbezogen.
Professor Dr. Michael Wyschogrod ist Philosophieprofessor und orthodoxer
Rabbiner. Er hat als junger Mann noch am orthodoxen Rabbinerseminar studiert und
lebt heute in Houston. Sein Thema sind „die Gebote der Tora. Auf der Grundlage
des Sefer Ha-Chinuch von Aharon Halevi von Barcelona".
Rahmenprogramm
Am Abend wird es im Auditorium Maximum der Humboldt-Universität öffentliche
Podiumsdiskussionen geben, zu denen jeder Interessierte eingeladen ist:
Montag 21. Juli um 18.15 h:
Realität und Perspektiven jüdischen Lebens in Deutschland
Dienstag 22. Juli 18.15 h:
Dabru Emet im Streit - eine Erklärung und ihr Widerhall
Mi 23. Juli 18.00 h:
Der Nahostkonflikt und seine Rückwirkungen auf das Verhältnis zu Israel und zu
den jüdischen Bürgern in Deutschland
Do 24. Juli um 18.15 h:
Was ist zu tun? - Zum Stand des christlich-jüdischen Gesprächs
Am Freitag um 18.00 h findet im Berliner Dom ein christlich-jüdischer
Gottesdienst statt, bei dem wieder Oberrabbiner Sanford Ragins die Predigt
halten wird.
Außerdem werden zwei Stadtrundgänge angeboten:
So 20. Juli um 18.00 h
Wege ins jüdische Charlottenburg
Start: Literaturhandlung / Joachimstaler Strasse 13
So 27. Juli 11.30 h
Rund um die Empore: Von der ersten Rabbinerin Regina Jonas zum
Bet-Debora-Frauen-Lehrhaus
Rotes Rathaus / Haupteingang
IW /
hagalil.com /
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