Die Polizei will nicht
rassistisch seinTHILO KUNZEMANN
Ein Polizist kontrolliert einen Schwarzen in der
Hasenheide. Dabei will ein amerikanischer Jude vom Beamten gehört haben:
Solche Kontrollen seien nötig, da "nur Schwarze Drogen verkaufen". Vor
Gericht stand nun der Amerikaner.
Der 28jährige Polizist Markus T. hat die Schnauze voll.
"Das steht mir bis hier, das kotzt mich an." Er wollte - wie jeder
Polizist - nur das Beste. In diesem Fall eine drogenfreie Hasenheide.
Der Neuköllner Park gilt als Treffpunkt der Drogenszene. Routinemäßig
kontrollierten T. und seine Kollegin L. deshalb im Sommer 2000 einen
jungen Schwarzen. Die Überprüfung endete "negativ", der Mann durfte
gehen.
Zweimal die Woche gebe es so einen Fall, sagt Polizist
T. Die Hasenheide sei "ein gefährlicher Ort". Soweit zur Routine. Die
zwei Polizeibusse, die mit Blaulicht in den Park rauschten, gehörten
nicht dazu. Und dass Polizist T. diese Verstärkung rief, um mit einem
Familienvater und einem Doktor der Philosophie und Judaistik fertig zu
werden, dürfte selbst in der "gefährlichen" Hasenheide neu gewesen sein.
Jetzt sitzt der junge Beamte im Zeugenstuhl des Gerichts
Moabit und versucht seine Beleidigungsklage gegen den 33-jährigen New
Yorker Eric J. und den Platzverweis gegen den 41-jährigen Berliner
Familienvater Thorsten G. zu begründen. Ihre Kritik an seiner Kontrolle
findet er "zum Kotzen". Doch Stück für Stück verheddert sich der
Polizeibeamte in seinen Aussagen.
Eins sei jedoch sicher: Der Amerikaner J. habe ihn nach
der Kontrolle des Schwarzen als Rassisten beschimpft - mehrfach. "100
Prozent sicher." Und Familienvater G., der dem Beschuldigten einen
Kugelschreiber leihen wollte, habe seinen Platzverweis mit den Worten
quittiert: "Ach sind wir hier beim Fußball." Das hätte die Stimmung
angeheizt, erklärt T. seinen Notruf. Auf die folgende Festnahme des
Amerikaners J. wegen Beamtenbeleidigung, habe der auch noch schreiend
reagiert: " Ich bin ein Jude! Ein Jude, und die deutsche Polizei nimmt
mich fest, weil ich ein Jude bin."
Dieser Kommentar würde, bestätigt Richter Christoffel in
seiner Urteilsbegründung später, durchaus den Tatbestand der Beleidigung
erfüllen - wäre er denn gefallen. Doch Zeugenaussagen sprechen dagegen.
Der Prozess endet mit einem Freispruch für Eric J..
Selbst Staatsanwalt Reusch plädiert auf Einstellung des Verfahrens. Zwar
wettert er gegen "selbstgerechte Bürger" und verteidigt Polizisten, die
"sich nicht mehr ans Bein pinkeln lassen wollen". Doch dieses Verfahren
sei "überflüssig". Eric J. hört das gerne, verurteilte ihn doch am 10.
Oktober 2001 ein Richter am Amtsgericht Tiergarten in erster Instanz:
Nach Aussagen des New Yorkers habe der Polizist T. auf die Frage, warum
er den Schwarzen kontrolliert habe, gesagt: "Nur Schwarze verkaufen in
der Hasenheide Drogen." Darauf habe sich der Judaist aufgeregt - doch
was genau er dem Polizisten an den Kopf warf, ist unklar. Es sei egal,
urteilten die Richter der ersten Instanz, ob J. den Polizisten nun als
"Rassisten" beschimpft habe oder nur dessen Vorgehen als "rassistisch"
bezeichnete: Beide Antworten seien Beleidigungen.
Der Moabiter Richter Christoffel wertet "rassistisch"
hingegen als Tatsachenbehauptung. Und für die Aussage "Sie sind ein
Rassist" fänden sich ebenfalls keine Zeugen. Also Freispruch.
taz Berlin lokal vom 2.3.2002 / THILO
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